Besuch aus Moldau Tag 4

noris inklusion

Schon bei meinem ersten Besuch in Moldau fragten mich die Ehrenamtlichen von Altair-Z wie wir unsere Menschen mit Behinderung beschäftigen, da es kaum mehr Arbeit in Moldau für sie gibt.

Glücklicherweise habe ich früher die Landesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen eV betreut und so ergab es sich, dass wir eine der größten Werkstätten noris inklusion in Nürnberg besuchen durften.

Selten habe ich erlebt, dass ein Firmenleitbild so konsequent umgesetzt wird. Das Leitbild lautet:

Wir leben Teilhabe

Und das nicht nur, weil es ein Arbeitgeber für über 500 Menschen mit Behinderung in sechs Produktionsstätten ist, sondern weil unter dem Motto: „Mitten­drin und dabei“, alle Men­schen mit Behin­derung ihren indivi­duellen Platz haben. Bei der Arbeit, beim Wohnen, in der Weiter­bildung sowie in der Freizeit.

Ich möchte ein paar Beispiele erzählen, die uns beim Termin sehr beeindruckt und berührt haben:

Produktion von Keramik bis hin zu Teilen für Automobilzulieferer

Was wir durch den Termin gelernt haben ist, dass man die Menschen, genau wie alle anderen auch, „nur“ befähigen muss nach ihren Möglichkeiten zu arbeiten.

Das geschieht zum einen durch das Zerlegen des Arbeitsprozesses in kleinste Arbeitsschritte und zum anderen durch qualifizierte Teamleiter, die ihr Personal kennen und richtig einsetzen.

Ausserdem konnten wir selbst live miterleben was zwei wesentliche Gründe dafür sind warum Unternehmen eine Behinderten Werkstatt beauftragen:

es wird wohl nichts und niemanden geben, der mit so viel Hingabe, Perfektion und Identifikation seinen Arbeitsschritt erledigt wie diese besonderen Menschen.

Sie schätzen ihre Arbeit aufrichtig und geben um ein Vielfaches zurück.

Man wird keinen Mitbewerber finden, der so akribisch und flexibel arbeitet.

Natur Erlebnis Gärtnerei

Hier werden vor allem Pflanzen, Zierpflanzen und Hunderte Kräuter angebaut und direkt an Endverbraucher verkauft. Ein Paradies das Gartenliebhaber mit und ohne Behinderung zusammenführt.

Sehr sinnvoll, fanden wir, dass die Menschen mit Behinderung durch das Angebot der Garten- und Landschaftspflege Teil der Öffentlichkeit der Stadt Nürnberg sind. Ein wichtiger Schritt zur Inklusion! Eben nicht besondere Menschen in Spezialeinrichtungen unterbringen, sondern als besonderer Mensch Teil sein der Gesellschaft, des Alltags, des Stadtbildes.

„saftladen“ Hier kann man aus seinem Obst Saft machen lassen. Selbstredend von Menschen mit Behinderung.

„flotte Biene“ Bio-Imkerei mit Biohonig und Dienstleistungsangebot an Hobby-Imker. Hilfe mit Ausstattung und Zubehör sowie bei allen Arbeitsschritten vom Ausschmelzen der Altwaben über schleudern bis hin zur Abfüllung und ganz nebenbei zwischenmenschlicher Kontakt, zwischen Menschen mit und ohne Behinderung.

„brennholz“ aus der Region -verarbeitet von Menschen mit Behinderung.

Regional, sozial und zum fairen Preis

„rent a huhn“ Wöchentlich frische Eier von glücklichen Hühnern die auf dem Gelände von noris inklusion von den Menschen mit Behinderung betreut und gepflegt werden. Beim Besuch der Hühner kommen Menschen mit und ohne Behinderung zusammen Das Thema Huhn steht im Vordergrund. Für Berührungsängste bleibt keine Zeit.

Und damit man erst gar keine Berührungsängste bildet, gibts die noris Kükenkoje. Eine inklusive Kindertagesstätte auf dem Gelände der Natur-Erlebnis-Gärtnerei mit Platz für Kinder mit und ohne besonderen Förderbedarf. Kinder ab 3 Jahren werden von Heilpädagogen und Fachpersonal individuell pädagogisch begleitet und gefördert. Durch die direkte Anbindung an die Natur-Erlebnis-Gärtnerei von noris inklusion finden abwechslungsreiche Projekte und Aktivitäten zu den Themen Nachhaltigkeit und Ökologie statt. In den nahegelegenen Mitmachgärten steht gemeinsames Säen, Pflanzen und Ernten im Mittelpunkt. Im Kreislauf der Jahreszeiten haben die Kinder zudem die Möglichkeit Kontakt mit verschiedenen Tieren wie Hühnern und Schafen aufzunehmen.

Café

Der informelle Austausch fand im Büro von Frau Ascherl, der pädagogischen Leiterin statt. Frau Ascherl nahm sich freundlicherweise einen ganzen Tag für unsere Fragen Zeit. Vielen herzlichen Dank dafür! Es war so wichtig aufzuzeigen was alles möglich ist. Moldau steht in vielerlei Hinsicht quasi auf unserem Niveau der 50-60er Jahre. Als Herrn Curcovici die Größe, Professionalität und die Idee von gut umgesetzter Inklusion klar wurde, war er wirklich sprachlos. Nichts davon wird morgen so in Moldau umzusetzen sein, aber viele kleine Ansätze sind geboren.

Im Café, das von Menschen mit und ohne Behinderung betrieben wird gab es dann von Frau Ascherl noch zwei Überraschungen für uns -ein persönliches Andenken an einen sehr informativen gemeinsamen Tag und noch ein persönliches Gespräch mit Herrn Schadinger, dem Geschäftsführer.

Vielen lieben Dank!

Im Laden kann man nach Herzenslust Keramik, den hauseigenen Bio Honig, Weine, Naturseifen, Deko und viele weitere, hübsche Produkte, die alle von Menschen mit Behinderung -zum Teil auch aus Partnerbetrieben- hergestellt wurden, erwerben.

Alles schöne Angebote, um Menschen mit und ohne Behinderung zusammen zu bringen.

Krönender Abschluss war der Besuch des Kunst-Atelier Chroma Omada

Auf dem Weg durch das Gebäude blieb unser Gast dann quasi an jedem Kunstwerk, das die Wände ziert, stehen: Bilder von Menschen mit Handicap. Kunst berührt Herrn Curcovici in besonderem Maße.

So hatte Frau Ascherl spontan angeboten noch mit uns ins Künstler Atelier Chroma Omada zu fahren.

Wir bekamen alle Kunstwerke und das Atelier gezeigt und als wir unsere Hilfsorganisationen vorstellten, sogar einige Arbeiten geschenkt. Es tut immer gut, wenn man Menschen mit seiner Idee ansteckt, eine schöne Art Kompliment für unsere Arbeit. Dankeschön ? und sehr gern kommen wir wieder um die Zusammenarbeit zu vertiefen.

Fazit

Ich hatte also angekündigt wir besuchen eine der größten Einrichtungen für Menschen mit Behinderung mit sechs verschiedenen Produktionsstätten. Wie sich herausstellte, hatte unser Gast aus Moldau aber eine ganz andere Auffassung davon was groß bedeutet.

Trotz aller Erklärungsversuche, war im Kopf das Bild das in der Heimat angelegt worden war.

Die Reise gleicht einem Spiel;
es ist immer Gewinn und Verlust dabei,
und meist von der unerwarteten Seite;
man empfängt mehr oder weniger, als man hofft.
Für Naturen wie die meine ist eine Reise unschätzbar:
sie belebt, berichtigt, belehrt und bildet.
(Johann Wolfgang von Goethe 1749-1832)

https://www.kleemaenner.de/reisen-lost-found/zitate-über-das-reisen/

Darum lässt sich abschließend feststellen, dass die Entscheidung einen Ehrenamtlichen aus Moldau zu uns einzuladen genau die richtige war. Urlaub war es keiner, eher wie im Wahlkampf (ein Terminpensum und eine Leidenschaft wie es seinesgleichen sucht)

Aber neben den großartigen Anregungen und dem persönlichen Kennenlernen der Helfer war ganz nebenbei viel Zeit, dass wir uns auch besser kennenlernen und das gegenseitige Vertrauen aufbauen konnten.

Immer dann, wenn ich irgendwas komisch fand, hat sich heraus gestellt, dass es einen guten Grund gab und es mir einfach nur an Sprach- und/oder Kulturverständnis fehlte.

Ich habe Vertrauen in die Menschen unserer Partner-Hilfsorganisation. Wir sind quasi „aus dem selben Holz“.

Den wohlverdienten Feierabend verbrachten wir bei und mit unseren Freunden. Es war so ein schöner Abschluss, dass ich schon ein wenig schwermütig wurde, bei dem Gedanken daran, dass wir am nächsten Tag Richtung Moldau aufbrechen würden. Es gab Gegrilltes und natürlich bayrisches Bier.

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